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Donnerstag, 1. März 2012

Das Rheiderland - wij prooten platt!



Westlich der Ems liegt es - meine Heimat das Rheiderland.
Das Rheiderland ist ein Landstrich in Deutschland und den Niederlanden. Auf der deutschen Seite gehört es zu Ostfriesland und liegt westlich der Ems. Und genau dort haben meine Familie und ich unsere Wurzeln.

Der Dollart




Land der Himmel - Blick auf Bunde

Das Rheiderland besticht durch seine Naturlandschaften. Es besteht zum größten aus Marschlandschaften (Polder). Es ist genau so flach wie das restliche Ostfriesland, jedoch ist die Baumbepflanzung hier deutlich geringer, so dass man einen noch besseren Blick übers Land hat. Man hat hier also wirklich einen Blick bis zum Horizont. Und ja - hier kann man tatsächlich heute schon sehen wer morgen auf Besuch kommt.
Hinterm Deich

Die historische Flussmarsch zieht sich entlang der Ems, die bis zu  minus 1,50 unter Normal Null liegt. Durch die damit verbundenen feuchten bis nassenWiesen, bietet sich hier der ideale Brutplatz für zahlreiche Wiesenvögel wie z.B. dem Kiebitz. Während des Vogelzuges finden sich hier zahlreiche Wildgänse ein (bis zu 120.000 Stück). Das Rheiderland wurde im Jahr 2000 von der EU als Vogelschutzgebiet ausgewiesen, aufgrund der Bedeutung die es für den internationalen Vogelzug hat. Insbesondere Gänse wie z.B. Blessgans, Nonnengans und Graugans machen hier gerne Rast bevor es weitergeht.
Unser Dollart
Im Niemandsland, zwischen demnOrtsschildern von Bunde und Möhlenwarf
Die niederdeutsche Sprache ist hier sehr weit verbreitet. Das Rheiderländer Platt (ein Unterdialekt des Ostfriesischen Platt) ist hier die meist gesprochene Sprache. Selbstverständlich sprechen wir hier auch alle Hochdeutsch - jedoch wachsen in unserer Region die meisten Kinder zweisprachig auf. Das plattdeutsche ist aus unserem alltäglichem Leben genau so wenig wegzudenken wie der Tee.
7 Eingeborene am Dollart und am Rand der Naturschutzgebietes
Weener
Die Geschichte des Rheiderlandes ist interessant. So war es bereits früh mit Friesen besiedelt. Jedoch wurden die auswärtigen friesischen Machthaber im 13. Jahrhundert in die Flucht getrieben. Allerdings sollten wir lieber mit den Römern anfangen, denn diese waren auch zuvor hier - haben es aber nicht besonders lange ausgehalten. Woran es lag? Vielleicht am Wetter? Oder vielleicht war es auch die Sturheit bzw. dem starken Willen der hiesigen Bevölkerung sich nicht zu beugen(!!!) ? Nun das weiss wohl keiner so genau.
So und nun weg von Spekulationen und zurück zu den Friesen! Als diese weg waren, bildete das Rheiderland, wie auch andere friesische Gebiete, ein eigenständiges reichsunmittelbares Territorium mit einer Ratsverfassung. Feudalherschaft war hier unbekannt. Eine frühe Form der Demokratie sozusagen. Hauptorte waren nach Überlieferung Weener und Hatzum. 
 Zunächst war das Rheiderland eher in Richtung der Ommelanden (Provinz Groningen) orientiert. Erst mit dem Einbruch des Dollarts (ab 1362), der viele und grosse Gebiete des Rheiderlandes unter Wasser setzte und damit eine natürliche Grenze zu den Ommelanden bildete, wandte sich Landesgemeinde stärker den friesischen Gebieten östlich der Ems zu. Mittels Einpolderungen wurden bis ins 20. Jhd. viele, ans Meer verloren gegangene, Gebiete zurückerobert. In jahrhunderlanger Landgewinnungen trotzten wir dem Meer vieles von dem ab was einmal dazugehört hat.
Landgewinnung am Dollart und 3 Eingeborene
Wir hatten hier Häuptlinge statt Fürsten. 1413 fiel es an die Häuptlingsfamilie tom Brook, dann an Focko Ukena und später an die Familie Cirksena. Damit wurde das Rheiderland ein Teil der ostfriesischen Grafschaft. Und sein Schicksal war mit dessen verbunden. Bis 1600 war das Rheiderland formell gesehen ein eigenständiges Land, jedoch unter der Herrschaft der ostfriesischen Grafen. Später wurde es jedoch unwiderbringlich an Ostfriesland angegliedert. Ein Häuptlingssitz war z.B. Bunderhee. Dort steht das legendäre Steinhaus noch heute. Es ist eine Häuptlingsburg aus dem 15 Jh.(Schätzwert), denn bis ins 14 Jh. durfte nach den Broekmer Willküren kein Friese ein Steinhaus über 12 m. Höhe bauen, sowie einen umgebenen Wassergraben errichten. Sie besteht aus zwei Baukörpern: einem Turmhaus als Speicher- und Schutzbau aus dem 14. Jahrhundert, einem westlich angelehnten Wohnhaus aus dem frühen 15. oder 16. Jahrhundert. 
2 Eingeborene unter dem weitem Himmel am Dollart
1806 wurde das Rheiderland an dem Dèpartment Occidale (Departement von Groningen) im Königreich Holland, ein späterer Teil des Kaiserreiches Frankreich zugeschlagen und damit vom restlichem Ostfriesland getrennt. Das restliche Ostfriesland wurde später zum Dèpartment Orrientale. Als Napoleon gestürzt wurde, wurde das Rheiderland wieder mit Ostfriesland vereint. Wir wurden also grossbritanisch-hannoveranisch und später dann preussisch. Nach dem 2. Weltkrieg erhoben die Niederländer Ansprüche auf das Rheiderland - es war anscheinend historisch wohl von hoher Bedeutung für sie. Dieses wurde jedoch von den Besatzungs/Siegermächten abgelehnt. Nicht zuletzt aus dem Grund weil die Bevölkerung hierzulande den Aufstand probte und sich mit aller Macht zur Wehr setzte an die Niederlanden angegliedert zu werden. Besonders die Bunder zeigten hier in besonderer und ausdrücklicher Weise kräftigen Widerstand.
Rapsfelder & Windkraft - alles zur Energiegewinnung!  Heerenlandweg
 Im Aufstand sind die Bunder bekanntlich erprobt - sie jagten nicht nur die Friesen und Napoleon in die Flucht - sondern auch die Katholiken. Die evangelisch reformierte Kirche zu Bunde war ursprünglich eine katholische Kirche. Sie ist die größte Monument im Rheiderland!
Aber auch sie wurden seinerseit, ebenso wie die restlichen Ostfriesen mit äußerst brutaler Gewalt christianisiert oder missioniert. Wieder und wieder setzte man sich gegen den Zwang einen neuen Glauben anzunehmen zur Wehr. Mal mehr mal weniger erfolgreich, am Ende gewann bekanntlich die andere Seite und die Ostfriesen wie auch die Rheiderländer wurden letztlich auch zwangsmissioniert, so wie viele vor ihnen schon. Als sie der Übermacht aus Franken, Karl dem Großen, der mehr und mehr gut ausgestattete Truppen in diesen entlegenen und äußerst widerspenstigen Teil schickte, um die Christianisierung in der damals bekannten Welt mit aller Macht durchzusetzen, egal was und wie viele Menschenleben aus auch immer kosten mochte,  nicht länger  gewachsen waren gaben sie ihre Götter auf und bekannten sich offensichtlich zum Christentum, jedoch künden auch heute noch Straßennamen von ihren alten Göttern bzw. tragen den Namen ihres höchsten Gottes. 

Blick auf Bunde, links die reformierte Kirche und rechts die Bunder Windmühle

Der ostfriesische Wahlspruch: EALA FRYA FRESENA (Auf, ihr freien Friesen) - Die Antwort darauf: LEVER DOOD AS SLAAV (Lieber tot als Sklave)
Der letzte Besuch des Dollarts - bei Ebbe

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